Was macht man mit dem angefangenen Tag, wenn man um 5 Uhr morgens jemanden zum Manchester Airport begleitet? Manchester angucken, klar.
Ursprungsplan: - Zeit vertreiben bis Cafés aufmachen
- dort dann ein Full English Breakfast
- im Anschluss ins Museum of Science and Industry (Mosi)
- und im Nachmittags-/Abendprogramm dann Freunde treffen
Soweit, so gut.
Am Vorabend recherchiert, ein Café in der Innenstadt ausgesucht, so dass ich in der Wartezeit bis es um 9 aufmacht schon ein bisschen Sehenswürdigkeiten angucken kann.
Realität:
- Samstags morgens vor 9 hat praktisch nichts offen. Nicht mal die Kirchen.
- die Town Hall ist am Wochenende nicht für die Öffentlichkeit zugänglich
Und es war leichtsinnig von mir, meinen Regenschirm Zuhause zu vergessen.
Matschiger Schneeregen, bei eisigen Temperaturen...
Manchester Cathedral. Besseres Bild hab ich mit zitternden Händen nicht hinbekommen.
Die Erleichterung war daher groß, als ich nach 2 Stunden vor St. Mary's, Manchesters ältester katholischer Kirche, stand und offene Türen fand.
Meine Meinung ist vermutlich etwas davon verzerrt, dass ich so glücklich drüber war, endlich aus der Kälte raus zu sein, aber die Kirche trägt ihren Beinamen "The Hidden Gem" zu recht. (Auch bei Wikipedia findet man sie unterm Beinamen)
Die Bilder werden der Realität nicht gerecht und für eine katholische Kirche wirkte sie relativ schlicht.
Ich war dort, allein, bis ein älterer Herr auf einen kurzen morgendlichen Abstecher vorbei kam. Wir sind ins Gespräch gekommen, ich fragte ihn, ob er mir verraten kann, was auf den Glasfenstern in der Kuppel steht.
'Oh, I never noticed that there was writing up there and I've come here for 20 years!'
Und, wie so oft, ziehen sich Mediziner magisch an: Alvin war früher Herzchirurg. Haben uns dann noch ein bisschen übers Gesundheitssystem unterhalten, bevor er wieder gegangen ist.
Inzwischen war es kurz nach 9, daher machte ich mich auf zu meinem Frühstücksort.
Und stellte fest, dass meine Recherche mangelhaft war: Samstags erst ab 10 Frühstück...
Begeisterung. Nachdem ich mich schon 3 Stunden auf ein qualitativ gutes Full English Breakfast gefreut hatte, wollte ich mich aber auch nicht mit Starbucks abfinden.
Also, noch eine Extrarunde um die Town Hall, ein paar Geocaches eingeschoben, aber so langsam gingen mir die Ideen aus.
Ein kurzer Augenblick mit Town Hall im Sonnenschein
Und plötzlich stand ich vor Manchesters Central Library. Die offen war und einladend warm aussah.
Habe mich ein bisschen umgesehen, im Untergeschoss gab es gerade eine Ausstellung von Kostümbild-Studierenden. Irgendjemand mochte wohl Steampunk :)
Im eindrucksvollen Lesesaal hab ich dann meinen Roman aus der Tasche geholt.
Was für eine Umgebung um ein (gutes) Buch zu lesen oder zu lernen, plötzlich ging die Zeit dann relativ schnell rum.
Danach dann endlich Frühstück im Albert Square Chophouse.
So ein Full English ist schon besser als ein Continental Breakfast geeignet, um einen nach einem kalten Morgen wieder aufzuwärmen.
Es war reichlich und lecker, den Black Pudding machen sie selber, nur die Tomaten hätten etwas länger gegrillt sein können. Baked Beans gabs nicht (stand auch genau so im Menue), kein großer Verlust in meinen Augen.
Im Anschluß dann Aufbruch zum Mosi, ein riesiges Areal, dass in meinen Augen nur unzureichend mit dem Wort "Museum" beschrieben werden kann. Ich meine, welches Museum hat schon seinen eigenen Jahrmarkt, zwei sich im Betrieb befindende Dampflokomotiven und unzählige funktionierende (und teilweise selbst gebaute) Maschinen?
Air and Space Area, die Halle wär auch ohne die Flugzeuge interessant gewesen
"Abtauchen" in die Geschichte der Kanalisation
Und einen detaillierten Einblick in die Entwicklung der Stoffproduktion in Manchester gewinnen.
In 4 Stunden hab ich 3 der 5 Gebäude relativ gründlich angeguckt und 100te Bilder gemacht, hauptsächlich von Motoren.
Es fühlt sich so an, als ob man hier tagelang unterwegs sein könnte und immer noch nicht alles gesehn hat. Aber irgendwann hat dann meine Konzentration nachgelassen und ich hab mich entschlossen, mich langsam auf den Rückweg zu machen und meiner Schulfreundin einen Tee-Genesungsbesuch abzustatten.
Auf dem Weg 3 Stück Kuchen in einem Café namens Teacup eingesammelt, sehr lecker, absolut zu empfehlen.
Nach ein paar Stunden dann Aufbruch, Abendbrotverabredung mit einem Mitpraktikanten aus meinem Liverpooler Krankenhaus (der in Manchester wohnt) und im Anschluß noch 2 Drinks in einer Bar um die Ecke.
Musste dann rennen, um meinen letzten Zug noch zu erwischen, dabei war es doch erst 23 Uhr...